Neuer Karnevalsverein in Bad Honnef
Artikel veröffentlich: GeneralAnzeiger Bonn,
Link: http://www.general-anzeiger-bonn.de/region/siebengebirge/bad-honnef/Die-Jecken-Piraten-stechen-in-See-article3486433.html
Foto: Frank Homann
Käpt’n und Quartiermeisterin: Britta Gerwing und Michael Solzbacher schleppen Kamelletüten.
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BAD HONNEF. In der Bad Honnefer Narrenparade am Karnevalssonntag schippern sie seit Jahren mit, jetzt haben die Freibeuter einen Verein gegründet. Das jüngste der 75 Mitglieder ist gerade mal zwei Jahre alt.Von Neal Graham, 25.02.2017
Geboren im Rheinland und dann auch noch an einem Elften im Elften – wer den Karneval dermaßen in die Wiege gelegt bekommen habe, merkt Michael Solzbacher an und kann sich das Schmunzeln kaum verkneifen, der sei ja wohl geradezu prädestiniert, irgendwann einen eigenen Karnevalsverein zu gründen. Gesagt, getan – und er ist der Kapitän der „Jecken Piraten“, der Newcomer in der Vereinslandschaft. Das Piratenschiff sticht am Sonntag beim Honnefer Zug in See.
An diesem Morgen, wenige Tage vor Beginn der Karnevals-Hochphase, hat Käpt’n Solzbacher alle Hände voll zu tun: Gemeinsam mit rund 30 weiteren Freibeuter-Narren soll in der Tiefgarage des Soba-Hauses an der Linzer Straße das Wurfmaterial für die große Jecken-Parade sortiert und eingetütet werden. Mehr als 1200 Euro haben die Seeräuber eigens für die Kamelle aus ihrer Schatzkiste entnommen, „das sind mehrere Metro-Wagen, bis zur Decke beladen“, so Solzbacher, „umgerechnet 251 dick gefüllte Kamelletüten“.
Munitionsbeutel also, die sich jede Korsaren-Familien am Wochenende gegen Vorlage der entsprechenden Anzahl Bons direkt am Piratenschiff, dem „rollenden Schatzlager“ der kostümierten Truppe, abholen darf. Diese gutmütige Freibeuter-Meute, so viel ist sicher, hortet ihren Reichtum nicht, sondern verteilt ihn lieber unters Volk.
Idee kam bei einer Grill-Runde
Obwohl offiziell erst im Juni 2016 als Verein gegründet, feiern die „Jecken Piraten“ genau genommen schon ihren sechsten Geburtstag. Bereits seit Jahren fiel die bunt zusammengewürfelte Fußgruppe im Honnefer Zug auf, nicht nur wegen der Augenklappen und Totenkopfhüte, sondern auch als bestens aufgelegte Truppe. Jetzt, nach langem Testlauf, sind sie endlich als richtiger Verein dabei.
Die Gründungsidee, erinnert sich Solzbacher, kam damals spontan in gemeinsamer Grill-Runde unter Freunden auf. Die Idee: vor allem den eigenen Kindern die Möglichkeit zu geben, das Karnevalsbrauchtum hautnah und ungezwungen kennenzulernen. Und warum Piraten? „Naja, Clowns gibt es genug“, meint der Vorsitzende, „aber wir wollten trotzdem ein Motto, das für Kostüme und Programme viele gestalterische Freiheiten bietet.“ Nur keine bösen, angsteinflößenden Seeräuber sollten es sein, sondern – na klar – gut gelaunte, freundliche, die freigiebig und großzügig Kamelle unters Volk bringen.
Foto: Frank HomannAlle Mann an Bord: Beim Sortieren des Wurfmaterials hilft auch der Nachwuchs. Die jüngsten Freibeuter sind erst zwei Jahre alt.
Heute ist der einstige Spontaneinfall zum Verein mit rund 75 Mitgliedern angewachsen. Und die stürzen sich an diesem Vormittag zwei Stunden lang eifrig in die Vorbereitungen für das Gefecht, reißen Dutzende Verpackungen auf, schütten mit lautem Rascheln kiloweise Süßigkeiten-Tütchen in die Sortierbehälter und stellen mit geübten Handgriffen den Inhalt für die großen Kamelle-Beutel zusammen.
Die Kinder sind die eigentlichen Chefs
Und während die kleinsten Helfer – die jüngste Piratin ist gerade einmal zwei Jahre alt – das Wurfmaterial schon nach kurzer Zeit mit sehnsüchtigen Blicken bedenken, karren die Chefs Nachschub herbei und verstauen die fertig gepackten Tüten. Neben Michael Solzbacher, der als Kapitän, ergo Vorsitzender, das Vereinsschiff durch jecke Gewässer navigiert, ist auch die Quartiermeisterin alias Zweite Vorsitzende Britta Gerwing für die Geschicke der Mannschaft verantwortlich. Als Zahlmeister respektive Kassenwart wacht Klaus Hufschlag über das Piratengold, zudem helfen die Bootsmänner Carmine Petraglia und Kobus Smit, beide Beisitzer, den Kahn sicher über Wasser zu halten.
Die eigentlichen Chefs, „die treibende Kraft des Vereins“, so Solzbacher, seien jedoch ganz klar die Jüngsten im Bunde: „Wenn die Kinder nicht immer mit solcher Freude dabei gewesen wären, dann wäre das Projekt früher oder später wohl versandet.“ Und da gerade die Jugend im Vordergrund stehen soll, gibt es bei den „Jecken Piraten“ keine eigene Kinderabteilung, stattdessen feiern alle gemeinsam – und die Großen verzichten ihrerseits auf Statuten und sonstige Vereinszwänge, die dem ungezwungenen Spaß in lockerer Runde im Wege stehen könnten.
Einzige Pflicht im Zug: das Integrieren einer roten Pappnase ins Kostüm, zur Not auch am Wams oder am Hut. Und weil kaum ein Song den Verein besser repräsentieren könnte als Kasallas „Pirate“ – „und dä Dudekopp op unsrer Fahn“, heißt es da, „hätt en ruude Pappnas an“ –, ist die inoffizielle Vereinshymne ebenso aus keinem Zug wegzudenken. Und der große Tag naht. Die Kamelle sind verstaut, die Pappnasen sind verteilt – dann heißt es am Sonntag für die „Jecken Piraten“: Segel hissen, Anker lichten, bereit machen zum Entern.
Mehr Infos und Kontakt unter www.jecke-piraten.de oder auf Facebook unter fb.com/JeckePiraten.
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